Ist G9 besser als G8?

Zu alte Abiturienten? Schüler im Dauerstress? Schon seit Jahren gibt es in Bayern sowie in anderen Bundesländern Diskussionen, wie lange die Gymnasialzeit bis zum Abitur dauern sollte. Denn nachdem 2004/05 entschieden wurde, das Gymnasium von 9 auf 8 Schuljahre zu verkürzen, wurde diese Regelung 2017 wieder aufgehoben. Mittlerweile sind die ältesten G9-Schüler in der 8. Klasse – Zeit für eine erste Bilanz.

Rückblick: Vorteile und Nachteile von G8

Stundenplan G8 der 8.Klasse
Stundenplan G8 der 8.Klasse

Das G8 wurde ursprünglich eingeführt, damit die Schüler ihren Abschluss ein Jahr früher haben. Im G9 ist das „ Alter beim Erwerb der allgemeinen Hochschulreife im internationalen Vergleich etwas höher“, was Frau Weyrich, eine Lehrerin des GOs, beim G9 bemängelt. Durch das G8 hatten die Schüler dementsprechend die Möglichkeit auf einen „früheren Eintritt ins Studium oder ins Berufsleben“, wodurch sie zeitiger ihr erstes Geld verdienen können. Diejenigen, die zu diesem Zeitpunkt noch keine Idee haben, nutzen das erste Jahr nach dem Abitur zumeist für eine Reise ins Ausland, ein freiwilliges soziales Jahr oder für Praktika.

Dennoch gab es viel Kritik am G8, da der Druck durch die stärkere Verdichtung des Stoffes auf die Schüler insgesamt höher als beim G9 ist, was Herr Schratzenstaller, ebenfalls Lehrer des GOs, festgestellt hat. Schließlich blieb der eigentliche Lerninhalt im G8 trotz eines fehlenden Schuljahrs gleich, was auch die vielen Stunden Nachmittagsunterricht erklärt. Dabei kritisiert die Familie Bichlmeier, deren zwei Töchter das GO besuchen, die eine im G8, die andere im G9, dass „manche Themen im G8 nicht so ausführlich behandelt werden und man zudem ungenügend Zeit zur Wiederholung der Themen investiert“.

Zwar gibt es in der Unter- und Mittelstufe die sogenannten ‚Intensivierungsstunden‘, aber diese können wohl kaum die wegfallende Schulzeit ausgleichen. Denn hochgerechnet fehlen den G8- Schülern beispielsweise rund 180 Stunden Mathe und 200 Stunden Englisch.

Was ist besser an G9?

Stundenplan G9 der 8.Klasse
Stundenplan G9 der 8.Klasse

In dieser Hinsicht hat das G9 auch aus Sicht von Frau Weyrich einen deutlichen Vorteil: „Man hat mehr Zeit zur systematischen Vertiefung und Festigung von Lerninhalten und Grundwissen und unterstützt so die Schaffung von fundierten Grundlagen“. Dadurch können vor allem leistungsschwache Schüler gefördert werden.

Zugleich gibt es seit neuestem eine Variante, welche auch den leistungsstarken Schülern helfen soll. Dabei handelt es sich um eine Art Mittelweg. Denn die sogenannte ‚Überholspur‘ bietet den Schülern des G9 die Möglichkeit, das Gymnasium dennoch in 8 Jahren abzuschließen.

Als Voraussetzung müssen die Schüler eine gewisse Leistungsbereitschaft sowie Selbstständigkeit mitbringen. Nach Einwilligung der Eltern bekommen sie dann ab der 9. Klasse in kleinen Gruppen 2 Unterrichtsstunden extra, in denen sich Deutsch, Mathe, Fremdsprachen und ein Profilfach wöchentlich abwechseln. Am Ende der 10. Klasse können die Schüler sich schlussendlich entscheiden, ob sie gleich in die 12. Klasse wechseln und die 11. Klasse überspringen oder diese an einer Schule im Ausland verbringen wollen, um nach ihrer Rückkehr zusammen mit ihrem Jahrgang die 12. Klasse zu besuchen. Sie können sich aber auch dafür entscheiden, doch auf das Überspringen zu verzichten.

Dadurch, dass die ersten G9-Schüler erst im kommenden Jahr die Möglichkeit haben, dieses Angebot zu nutzen, ist noch nicht klar, wie viele es erfolgreich durchlaufen werden, aber es gibt bereits um die 30 Anmeldungen für das Programm.

Des Weiteren sind sich die befragten Lehrer einig, dass die Schüler des G9 mehr Zeit haben. „Mehr Freizeit für individuelle Hobbys sollten sie schon haben, da ja nachmittags kein Unterricht ist“, ist die Meinung von Frau Hecht, einer Lehrerin am GO. Laut Herrn Schratzenstaller „kommt [das] ganz individuell auf den Lerntypen an“, trotzdem haben die Schüler in der Regel „mehr Zeit für außerunterrichtliche Aktivitäten oder Praktika“. Das hilft dabei, vielseitige Erfahrungen zu sammeln und unterstützt somit den Reifeprozess besser als es beim G8 der Fall war. Ein wichtiger Faktor bei diesem Reifeprozess ist auch die Volljährigkeit der Schüler, welche sie im G9 mit Abschluss des Abiturs bereits haben. Dadurch verfügen sie über mehr Entscheidungsfähigkeit sowie Unabhängigkeit von den Eltern, weshalb sie sich zum Beispiel selbst für einen Studiengang einschreiben oder ihren ersten Mietvertrag bereits selbstständig abschließen können.

Wieder mehr Auslandsaufenthalte?

Letztendlich haben beide Systeme ihre Vor- und Nachteile, was auch durch die Metastudie des Kieler Leibniz-Instituts für Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik im Auftrag der Stiftung Mercator belegt wird. Denn hinsichtlich der schulischen Leistungen sowie Kompetenzen sind beide Systeme gleich auf, was beweist, dass man trotz der Verdichtung der Unterrichtsinhalte erfolgreich lernen kann. Die Lernbelastung wurde zudem von G8 – Schülern im Durchschnitt als nur leicht stärker empfunden.

Jedoch gab es einen offensichtlichen Unterschied: Innerhalb des G8 entschieden sich immer weniger Schüler für einen längeren Auslandsaufenthalt, was einerseits auf zu wenig Zeit, aber andererseits auf die hohen Kosten einer solchen Reise zurückzuführen ist.

Ob sich das mit dem neuen G9 wieder ändert, bleibt abzuwarten….

Bildquellen

  • G8 Stundenplan der 8.Klasse: Emilie Flögel
  • G9 Stundenplan der 8.Klasse: Emilie Flögel
  • Tafel: Pixabay | CC0 1.0 Universal
Avatar Emilie Floegel

Author: Emilie Floegel