„Gendern ist reaktionär“, “Eine Sprache, die aufregt“, es gibt so viele verschiedene Meinungen bezüglich des Genderns. Aber was ist denn das Gendern jetzt genau?
Fangen wir zuerst einmal an mit einem kleinen Gedankenexperiment:
Ein Vater sitzt mit seinem Sohn in einem Auto, kurz bevor sie zuhause ankommen, haben sie einem schweren Autounfall, beide kommen in unterschiedliche Krankenhäuser. Der Sohn wird mit einer schweren Kopfverletzung eingeliefert. In diesem Krankenhaus arbeitet ein Chefchirurg, der Spezialist für Kopfverletzungen ist. Die Operation wird vorbereitet, alles ist fertig, nur der Chefchirurg fehlt noch. Dieser kommt dann rein, wird blass und sagt: ,,Oh Gott, das ist ja mein Sohn“.
Wenn ihr jetzt verwirrt wart und dachtet, dass der Vater verletzt in einem anderen Krankenhaus liegt und wie er dann bitte den Sohn operieren soll, dann denkt jetzt mal mit: Der Chefchirurg in der Geschichte soll die Mutter darstellen, nicht den Vater. Dieses Szenario verdeutlicht ganz gut, dass, auch wenn theoretisch bei dem Wort Chefchirurg Männer als auch Frauen gemeint sein können, die meisten von uns wahrscheinlich erstmal an einen männlichen Chefchirurg gedacht haben. Es ist also häufig alles andere als klar, dass wirklich so alle gemeint sind und nicht nur das männliche Geschlecht.
Zurzeit wird in der deutschen Sprache das generische Maskulin verwendet. Hier hatten wir das Beispiel des Chirurgen. Das Gehirn denkt dabei sofort an eine männliche Person. Frauen und andere Geschlechter fühlen sich dadurch oftmals unterdrückt und auch irgendwie in den Schatten des männlichen Geschlechtes gestellt. Dies soll Gendern verändern, um eben einen Schritt näher an die Gleichberechtigung aller Geschlechter zu kommen.
In der Sprachwissenschaft bezeichnet Gendern den Gebrauch geschlechtergerechter Formulierungen zur sprachlichen Gleichbehandlung der Geschlechter im Deutschen. Diese Formulierung kann durch Gender-Zeichen durgesetzt werden:
- Gendersternchen (Chirurg*innen)
- Gender gap (Chirurg_innen)
- Binnen- I (ChirurgIinnen)
- Doppelpunkt (Chirurg:innen).
Sie sind ein Platzhalter für alle, die sich nicht nur dem männlichen Geschlecht zugehörig fühlen.
Ist Gendern jetzt wirklich vorteilhaft oder doch eher wiederum kontraproduktiv? Hier ein paar Thesen verschiedener Standpunkte.
„Alle Geschlechter fühlen sich durch Gendern angesprochen.“
„Für Gleichberechtigung ist die Sprache irrelevant“
„Durch Gendern wird die im Grundgesetz verankerte Gleichberechtigung gefördert.“
„Zu starker Eingriff in den persönlichen Sprachgebrauch!“
Sprache bildet nicht nur die gelebte Realität ab, sie schafft auch Realitäten!“
„Geschlechter werden überbetont und Unterschiede nochmal hervorgehoben.“
„Respekt vor anderen Geschlechtern im Umfeld, man zeigt Solidarität“
„Passivkonstruktionen machen Texte länger und leserunfreundlich.“
„Offenere Denkweise über die Geschlechterrollen“
„Benachteiligung für beeinträchtigte Personen, wie z.B. Legastheniker.“
Nun wollen wir aber auch die Meinung von Personen wissen, die durch das Gendersternchen zukünftig dargestellt werden sollten. Wir haben uns mit Hanni (geht in die Mittelstufe) getroffen. Uns erwartete eine unerwartete Meinung, die plötzlich vollkommen verständlich wirkt:
Was ist dein Geschlecht/Gender-Identität?
Ich identifiziere mich als divers.
Was ist denn deine Meinung zum Gendern?
Es ist unnötig. Meiner Meinung nach sollte man lieber handeln, als etwas Unbedeutendes einzuführen, das das Leben der Betroffenen in keiner Weise verbessert.
Fühlst du dich durch das Gendern angesprochen?
Nein.
Findest du, dass Gendern eine Chance in unserer Gesellschaft/Generation hat?
Nicht wirklich. Die Mehrheit der Leute, die ich kenne, sind dagegen, und es wäre meiner Meinung nach besser, etwas Neues einzuführen, anstatt schon existierende Worte quasi zu recyclen.
Wie findest du es, dass das Gendern gerade so ein großes Thema ist?
Gendern an sich fühlt sich irgendwie wie ein leerer Versuch, Gleichheit einzuführen, an. Die meisten „Methoden“ sind schriftlich ausführbar, aber mündlich eher unbeholfen.
Fazit:
Wie man sehen kann, gibt es ganz unterschiedliche Meinungen bezüglich der geschlechterneutralen Sprache. Wir meinen, dass es beim Gendern, wie auch in vielen Bereichen, keine falsche, aber auch keine richtige Meinung gibt. Man sollte neuen Sachen zuerst einmal eine Chance geben, bevor man schnell urteilt, und sich kritisch damit auseinandersetzen.
Was ist eure Meinung zum Gendern? Findet ihr die Idee gut und seht Zukunft in dieser, oder findet ihr die ganze Sache eher kontraproduktiv?