Island – das Land der Elfen

Polarlichter auf island

Hattest du jemals das Gefühl beobachtet zu werden? War da ein Kichern zu hören oder ein seltsames Leuchten zu sehen? Vielleicht… jedoch wurde dir mit Sicherheit gesagt, es sei alles nur Einbildung. Doch was wäre, wenn es keine Einbildung war… was, wenn es einen Ort gäbe, in dem das Leuchten auf einmal Gestalt annimmt? Wo es verwunschene Hügel, tosende Wasserfälle und Lichter am Horizont gibt? 

Hoch im Norden, auf einer kleinen Insel wirst du einen solchen Ort finden – und man wird dir Glauben schenken. Island – die Heimat des „huldufólk“… das Volk der Unsichtbaren, im Untergrund lebenden Wesen.

Wasserfall bei Skogafoss

„Das huldufólk“ (nach einer isländischen Volkssage)

Am Anfang der Zeit beschloss Gott, einen Spaziergang zu machen, um sein schöpferisches Werk zu begutachten. Er kündigte sich bei Adam und Eva an, mit der Bitte, sie mögen ihm ihre Kinder vorstellen. Da Eva darauf jedoch nicht vorbereitet war und die Kinder zuvor im Schlamm gespielt hatten, versuchte sie so schnell wie möglich, diese zu waschen. Da Eva vor Gottes Ankunft jedoch nicht fertig wurde, versteckte sie aus Scham die noch schmutzigen Kinder in einer Höhle. Doch Gott war allmächtig und so sprach er: „Was vor Gott verborgen wird, soll auch den Menschen verborgen bleiben.“ 

So wurden die ungewaschenen Kinder zum unsichtbaren Volk.

Einige Gebiete, in denen es Wesen gibt sind gekennzeichnet, damit die Menschen deren Ruhe nicht stören.
Troll – Warnschild

Diese und viele weitere Sagen bestätigen für einige Isländer die Herkunft der Elfen und anderen Wesen, die auf ihrem Land ihren Schabernack treiben…. In einem Moment helfen sie, im anderen können sie einem gefährlich werden… Es sind eigenwillige Wesen. Doch da Elfen und Feen sowie andere Naturgeister die Gärten zum Blühen bringen oder den Kindern ein Lächeln auf das Gesicht zaubern können, werden sie von den Bewohnern Islands sehr geschätzt. 

Über 60% aller Isländer sind von der Existenz der Elfen überzeugt, manche sind sich unsicher. Ganz verneinen würden es allerdings nur die Wenigsten. Doch wie können sie wahrgenommen werden? Woher weiß man, wie man sich zu verhalten hat? – Um solche Fragen zu klären, wendet man sich am besten an Personen wie Ragnhildur Jonsdottir, eine sogenannte „Sprecherin der Elfen“. Diesen Titel haben ihr die Elfen im Alter von 50 Jahren selbst verliehen. Frau Jonsdottir kann nicht nur Kontakt zu dem kleinen Volk aufnehmen, sondern die Unsichtbaren auch sehen. Sie ist dafür zuständig, zwischen Menschen und Elfen zu vermitteln. Die Elfenexpertin arbeitet mit der Umweltschutz-Organisation „Friends of Lava“ zusammen. Das Ziel ist, die Natur und die in ihr lebenden Wesen zu schützen.

Das Thema Elfen scheint bei den Isländern so ernst genommen zu werden, dass sich sogar Politiker und Bauunternehmen bei Problemen an die Sprecher der Elfen wenden.  Auch Erla Stefansdottir war eine Vermittlerin zwischen Menschen und Anderswelt. Sie hatte bereits als Kind eine enge Verbindung zum Übernatürlichen und wurde später als sogenanntes Medium bekannt. In ihrem selbst verfassten Werk „Erlas Elfen“ erzählt sie von eigenen Erfahrungen. In einer Geschichte berichtet sie, wie sie in ihrer Kindheit mit den Elfenkindern Stormur und Blaer spielte, die außer ihr aber niemand sehen konnte. Erla fertigte sogar eine Karte an, die alle Elfengebiete kennzeichnet.

 Elfen leben in Gemeinschaften und brauchen wie wir Menschen Behausungen. Die Elfenkönigin besitzt sogar verborgene Paläste und heilige Elfenkirchen. Das Problem ist, dass nur die wenigsten Menschen diese überhaupt sehen können – für den Rest sind sie unsichtbar. Deshalb muss man sich bei einem Bauvorhaben an die Elfensprecherin wenden. Diese überprüft, ob das besagte Gebiet Elfenland ist oder den Menschen zur Verfügung steht. Sollte ein Bauprojekt durchgezogen werden, obwohl dadurch Elfen-Behausungen zerstört werden, kann das für die Menschen unangenehme Folgen haben.

Da wäre das plötzliche Verschwinden von Gegenständen noch das kleinste Übel. Allerdings gibt es auch Kompromiss-Möglichkeiten. So kann man den Elfen beispielsweise eine Ersatzbehausung bauen. Solche Häuschen, meist farbenfroh bemalt, finden sich auch in einigen Gärten Islands. Wenn das Grundstück einer Familie mit Kindern gehört, kann es zudem gut sein, dass die Elfen-Kinder mit ihnen spielen wollen. Es heißt, dass fast jedes Kind bereits einmal einer Elfe begegnet ist…

Da die Menschen Teile der Natur für beispielsweise Bauprojekte in Anspruch nehmen, gibt es kleine Ersatz Behausungen für die Elfen die dort gelebt haben.
Einige Isländer haben ein solches Häuschen auch im Garten.
Elfenbehausung

 Magnus Skarphédinsson eröffnete eine Elfenschule, in der man das Huldufólk genau studieren kann. Man kann sogar ein Diplom in Elfenkunde erhalten. Zudem umfasst die Bibliothek der Schule mehr als 17.000 Zeugenberichte über Elfen, Trolle und Wiedergänger. Denn außer Elfen gibt es zahlreiche andere Wesen und Geister. Wenn man das nötige Wissen besitzt, kann man beispielsweise Touristen über Elfenpfade führen oder Kontakt zu den Geistern des Waldes aufnehmen.

Auch im alltäglichen Leben kann es von Nutzen sein, über das unsichtbare Volk Bescheid zu wissen. Ein Bauer kann beispielsweise durch das Bereitstellen einer Schüssel Milch einen Wichtel dazu bringen über seine Tiere zu wachen. Ein weiterer guter Weg, ein Wesen gnädig zu stimmen, wäre eine kleine Gabe, wie beispielsweise eine Münze oder etwas zu essen. Natürlich gibt es auch Mittel, sich gegen aufgebrachte Geister zu schützen, das ist allerdings je nach Art unterschiedlich. Bei Elfen kann es helfen, ihnen bei Kerzenlicht etwas vorzusingen. Im Ernstfall kann man auch Stahl oder Silber verwenden, um sie fernzuhalten. 

Elfenkreis

Das Gefährlichste wäre jedoch, sich von einem Wesen verführen zu lassen. Wenn man einmal in der „Anderswelt“ landet, besteht nur eine geringe Chance jemals zurückzukehren und denjenigen, denen es dennoch gelingt, kann die Seele geraubt werden. Einige Sagen handeln von Wanderern, die nachts zur Elfenstunde an einem Elfenkreis vorbeikamen und von den Elfen zum Tanz aufgefordert wurden. Die einehmende Musik der Elfen hat sie so sehr in den Bann gezogen, dass sie erst Jahrhunderte später zu den Menschen zurückkehrten, obwohl sich der Tanz nur wie einige Stunden anfühlte. 

Es stellt sich allerdings die Frage, warum ausgerechnet auf Island so sehr an den Elfen festgehalten wird. Vielleicht liegt es an der relativ isolierten Lage der Insel. Des Weiteren werden die Geschichten von Generation zu Generation weitererzählt und bleiben somit erhalten. Auch Islands einzigartige Naturbeschaffenheit lässt viel Spielraum für die Fantasie. Beispiele hierfür sind die heißen Quellen und Geysire, aus denen Fontänen aus heißem Wasser emporschießen. Auch können Felsformationen wie Trolle aussehen oder plötzliche Nebelschwaden aufziehen, die das Land sehr verwunschen wirken lassen. Die Isländer sind außerdem sehr offen für alternative Glaubensrichtungen. Denn obwohl ein Großteil des Inselvolkes der evangelischen Kirche angehört, wird sowohl der Glaube an das „huldufólk“ als auch der an die germanischen Götter (Odin etc., die ihre Ursprünge bei den Wikingern finden) als normale Religion betrachtet. Viele der Gläubigen verbinden Kirche und Elfenglaube. 

Ob an den Geschichten tatsächlich etwas dran ist oder es doch nur Aberglaube ist, lässt sich jedoch vermutlich am besten beurteilen, wenn man selbst die Insel besucht.

Geysir Fontäne

Weitere Fakten

  • Es gibt über 100 verschiedene Wesen/Geister – gute und böse.
  • Davon sind etwa 13 verschiedene Elfenarten.
  • Typische Merkmale von Elfen sind spindeldürre Glieder, lange Ohren und wuscheliges oder spinnenwebartiges Haar.
  • Die meisten Wesen treten gut gekleidet auf, in prächtigen Farben und oftmals im Stil vergangener Zeitalter.
  • Ein Wesen kann einem auch als Katze, Kröte oder sogar als Nebelschwaden begegnen.
  • Für Touristen gibt es extra Verhaltensregeln.
  • Früher dienten die Sagen dazu, Kinder vor der Natur (z. B. Vulkanspalten) abzuschrecken.
  • Elfentouren und Dorfbesichtigungen lassen sich buchen.
Avatar Sofia Bichlmeier

Author: Sofia Bichlmeier